beschäftigte füchse schreiben nicht. (2/2)

beschäftigte füchse schreiben nicht. (2/2)

dunedin

So richtig viel kann ich über die kleine Stadt Dunedin gar nicht sagen, da ich dort nur eine Nacht verbracht habe – und dann direkt weiter zur Westküste gezogen bin.

Das schönste war allerdings eh, dass ich Besuch aus Auckland bekommen habe und so für die drei Tage nicht alleine in meinem Van umher gereist bin, sondern mal nach dem großartigen Zitat aus Into the Wild gelebt habe: „Happiness only real when shared.“

Und manchmal stimmt genau jedes Wort aus diesem Zitat: egal wie sehr man mit sich selbst zurecht kommt, und welch schöne Abenteuer man erlebt – ab und zu braucht es andere Menschen, mit denen man die Freude teilen kann. Die Großartigkeit der Natur zusammen betrachten. Lange Autofahrten gemeinsam verbringen. Lange Gespräche führen. All die kleinen Dinge zusammen genießen.

Ich bin zwar auch mein eigener bester Freund, aber es gibt nichts schöneres, als Freude und eine Pizza zu teilen.

 

queenstown

In Queenstown angekommen musste ich das erste Mal zu meinem Schal, meiner dicken Jacke und einem richtig warmen Pullover greifen. So fühlt sich hier also der Winter an. Minusgrade in der Nacht und kalter Wind, der einem ins Gesicht pustet.

Hier an der Westküste ist es nicht so kalt wie zuhause im Winter, aber es fühlt sich schon verdammt ähnlich an. Schnee gibt es auch hier, wenn auch erst in höheren Bergregionen, aber gefroren hab ich trotzdem.

Nachdem wir alle erst gegen späten Nachmittag in Queenstown angekommen sind – und ich am anderen Tag auch schon „Auf Wiedersehen“ sagen musste, blieb nicht so viel Zeit für „actionreiche“ Aktivitäten, die man hier an jeder Ecke findet, sondern nur für leckere Nudeln mit Wein und Brot.

Nach dem Bungeesprung in Taupo hatte ich bereits Blut geleckt, und konnte gerade in Queenstown nicht widerstehen – auch wenn ich mich im Nachhinein vermutlich für den Nevis Bungee entschieden hätte – aber der Canyon Swing hat auch schon ordentlich meine Nerven strapaziert:

Canyon Swing – Pin Drop (klick!) & Canyon Swing – Elvis Cutaway (klick!)

Alles in Allem ist Queenstown die perfekte Stadt um ordentlich den Geldbeutel zu schmälern und bis in die Puppen um die Häuser zu ziehen. Ansonsten sollte man hier nicht die Innere Ruhe suchen: dafür gibt es in Neuseeland genügend andere schöne Plätze.

 

wanaka

In Wanaka habe ich meine wohl größte Angst versucht zu bekämpfen: Flugangst. Skydive Lake Wanaka – Video (klick!)

Wenn mir jemand vor einiger Zeit gesagt hätte, dass ich in Neuseeland aus einem voll funktionsfähigen Flugzeug springen würde, dann hätte ich demjenigen den Vogel gezeigt und wäre lachend und kopfschüttelnd weggegangen. Aber seitdem ich hier vor zwei Monaten angekommen bin, habe ich einfach das Bedürfnis, mich meinen Ängsten immer und immer wieder zu stellen – auch wenn ich dafür erst mal ans andere Ende der Welt fahren muss, um das zu realisieren.

Neuseeland hat mich in dieser Hinsicht auf jeden Fall sehr verändert. Ich weiß einfach, dass es nichts gibt, was ich nicht irgendwie schaffen kann – auch wenn es mich Schweiß und Tränen und Selbstzweifel kostet – aber wenn ich etwas wirklich will, dann kann ich es durchziehen, egal wie viel Angst ich davor habe oder hatte und egal wie schwierig es ist. Wer mich kennt und bereits mit mir in einem Flugzeug saß, der weiß was das für eine Panik in mir auslöst. Ich hasse es völlig hilflos zu sein und die Verantwortung einem Menschen zu überlassen, der vermutlich total überarbeitet ist und ansonsten auch nicht so ganz da ist. (…)

Ich habe mich einfach hier von einer anderen Seite kennengelernt: eine andere Jessy, die sich selber viel besser einschätzen kann – und die es nicht mehr so schlimm findet für längere Zeit alleine zu sein. Manchmal ist es nämlich nicht so schlimm, sein eigener, bester Freund zu sein. Tatsächlich ist es sogar großartig, wenn man weiß, dass man sich auf sich selbst verlassen kann und mit sich selbst zurecht kommt.

Skydiving ist einfach ein unbeschreibliches Erlebnis, das ich nicht in Worte fassen kann. Ich vermisse schon jetzt die Stille, die dort oben herrscht – denn all das laute Geschrei, all die Probleme, die auf der Erde an sich herrschen finden hier kein Gehör. Es ist ähnlich wie direkt am Meer sitzen: dort oben ist einfach alles okay. Alles. Und es gibt nichts, was dieses Gefühl dort oben aus der Ruhe bringen könnte.

(…)

Und dann bekam ich einen Anruf von der Polizei – und ich wurde schlagartig aus meinem Höhenflug gerissen und auf den Boden der Tatsachen geholt. Schönen Dank auch, nochmal.

Während ich noch im völligen Glückstaumel war, klingelte mein Telefon und die „freundliche Stimme“ am anderen Ende des Gesprächs sagte mir, dass ich so schnell wie möglich zum Polizeirevier kommen müsste, da sich jemand über das Auto, welches ich zur Zeit fahre, beschwert hat. Ähm, okay.

Ich hatte noch meinen roten Overall an, mein Haar war noch völlig zerzaust vom Wind – und mein atomartig großes Grinsen wich schlagartig den Sorgenfalten. Wer zur Hölle sollte sich denn über meinen perfekten, vorzeigereifen Fahrstil beschweren? ;-)

Tatsächlich musste ich am Ende $150 Dollar bezahlen, nur aufgrund einer Aussage einer Fahrerin hinter mir, die mich dabei beobachtet haben soll, wie ich die orangene, durchgezogene Linie in der Straßenmitte überfahren haben soll, was genauso wie zuhause strafbar ist.

Beweise? Gibt es nicht. Bezahlen? Muss ich trotzdem. Das nervt tierisch, aber ändern kann man daran nichts, und lange aufhalten und absabbeln will ich mich mit den „Hütern des Gesetzes“ auch in Neuseeland nicht.

 

fox glacier

Als ich eine Nacht über all die Geschehnisse in Wanaka geschlafen habe, ging es für mich weiter Richtung Fox Glacier. Auf dem Weg dorthin habe ich meine erste Hitchhikerin aufgesammelt – und zusammen sind wir dann zum Gletscher gefahren. Meine Begleitung war ungefähr halb so groß wie ich, was auf unseren gemeinsamen Fotos deshalb auch äußerst witzig aussah. Ich kann ja auch nichts dafür, dass ich ein Riese bin.

Den Gletscher haben wir nicht betreten, weil das nur mit einem äußerst kostspieligen Tagestrip erlaubt ist, in dem man in einer Gruppe und einem Guide dort hinauf steigt. Der Grund dafür ist, dass es immer häufiger Todesfälle gab, in denen Einzelpersonen auf eigene Faust versucht haben, den Gletscher zu erkunden, und von abgebrochenem Eis erschlagen wurden.

Wir haben uns dann dagegen entschieden – und sind nur „bis zum“ Gletscher gewandert, statt „ganz drauf“ zu gehen, was ich aber nicht allzu schlimm finde, denn so richtig spannend ist sowas irgendwie nicht, wenn man bereits häufiger Skiurlaub gemacht hat (haha.).

 

punakaiki

Manchmal kommt man an einen Ort, an dem man sich sofort wohl fühlt. Ein Ort, an dem man sagt: „Oh mein Gott, hier könnte ich Wochen verbringen, weil es sich richtig anfühlt hier zu bleiben.“

Punakaiki ist genau so ein Platz, an dem ich mich richtig entspannen konnte, und den ich auf Anhieb mochte: direkt am Wasser, umgeben von Nichts und wieder Nichts und einfach nur Ruhe – bis auf das Rauschen des Meeres. Großartig. Kann ich bitte genau an so einem Ort mal wohnen?

Das Hostel, in dem ich ein paar Tage verbracht habe, unterschied sich sehr von denen in denen ich bisher war. Es ist klein und wohnlich, der Besitzer backt jeden Tag frisches Körnerbrot (ich hätte nie gedacht, dass ich DAS mal vermissen würde. Ich, als alter „Brotliebhaber“…) und Muffins oder Kuchen, die Menschen sitzen hier bis in die späten Abendstunden zusammen und spielen Karten – und überhaupt fühlt es sich nicht so an, als wäre man in einem Hostel – viel mehr als wäre man in einem kleinen, gemütlichen Haus, welches sich zu meiner Freude auch noch direkt am Meer befindet. Couldn’t be any better!

 

picton

Schweren Herzens habe ich von Punakaiki Abschied genommen, und habe mich nach tollen Tagen mit Sonnenuntergängen am Strand, auf den Weg nach Picton gemacht. Dem Ort, an dem ich mich vom Süden der Insel (hoffentlich nur fürs Erste) verabschieden musste.

zurück

Manchmal möchte man am Liebsten die Zeit vertrödeln, in der Hoffnung dass die Zeit endlos ist – aber dann gibt es Dinge, die einen in die Realität zurück holen, wie zum Beispiel der Abgabetermin meines Autos. Zu gerne wäre ich damit durchgebrannt, hätte es einfach „geklaut“ und es mit nach Hause genommen. Aber ganz so einfach ist das ja leider nicht, und irgendwann ist es einfach Zeit sich zu verabschieden.

Während ich das hier schreibe, habe ich einen kleinen, großen Kloß in meinem Hals, denn wenn ich recht überlege, war das mein erstes „eigenes“ Zuhause, in dem ich gelebt habe. Ich habe in diesem Auto geschlafen, mir die Nächte um die Ohren geschlagen, habe hier geatmet, gelacht, ich habe hier drinnen gekocht, ich habe in dem Auto geweint, Musik gehört, Stunden über Stunden geschrieben, zich Bücher gelesen, bin das erste Mal damit auf der linken Straßenseite gefahren, habe hier drinnen gewohnt, gefroren, bin über fünftausend Kilometer quer durch Neuseeland gefahren, habe mich neu finden müssen, habe mich verirrt und konnte all das sein was ich wollte. Laut und leise.

Natürlich tut es weh, diesen großen Teil meiner Reise jetzt zurück zu lassen, und ein bisschen fühlt es sich auch an, als wäre man danach hilfloser als zuvor. Mein Auto war immer ein kleiner „Anker“ für mich – ein Rückzugsort, in dem ich auch einfach mal Stundenlang saß oder gelegen hab und einfach Nichts gemacht habe. Ich bin froh, dass ich mich dazu entschieden habe, das Land auf eigene Faust zu erkunden und nicht nur mit irgendwelchen Reiseunternehmen via Bus gefahren bin. Ich habe diese Zeit wahnsinnig geliebt und tue es noch immer – es gibt nichts, was ich ändern würde. Nichts.

Und jetzt steht ein neues Abenteuer vor der Tür: mein letzter Monat in diesem wunderschönen Land, dass ich schon jetzt anfange zu vermissen. Welche Orte will ich noch sehen? An welche Orte will ich zurückkehren? Wie lange will ich an einem Platz bleiben? All das weiß ich nicht, aber ich freue mich genau das noch herauszufinden, bevor es dann wieder in den Flieger nach Hamburg geht.